Wanderer, kommst Du nach Spa… war ein Lesestück aus der Schulzeit, als es noch fast eine Million Rumäniendeutsche gab. Unsere Schulzeit verlief unter Umständen friedlich, die Auswanderungswelle erreichte uns erst nach dem Abitur. Anzeichen für die kommenden Ereignisse gab es auch in jenen Jahren, so zum Beispiel im Geschichtsstudium. Vaterlands Geschichte wurde in Schlüsseljahren gesondert studiert und das war eine Neuigkeit in der Welt des proletarischen Internationalismus. Stalin war Vergangenheit und die Welt der Arbeitenden war nicht mehr unsere Heimat, das Licht hatte aufgehört, aus Moskau zu leuchten. In der Grundschule wurde uns der Lehrstoff noch deutsch beigebracht, in der Mittelschule wurde dieser Gegenstand nur noch rumänisch unterrichtet. Warum man die Heimat nu rumänisch ehren konnte, wurde uns nie beigebracht, es fragte auch niemand danach. Der 23-te August war ein Grundstein für die Volksrepublik, doch die dazugehörigen Erklärungen blieben dem Wandel der Zeiten nicht fern. Ursprünglich war es die “Befreiung vom faschistischen Joch durch die glorreiche Sowjetarmee”. Dass die Faschisten am Anfang unsere Verbündeten waren, wurde so klein wie möglich geschrieben. Dann änderte sich nicht nur die Sprache, aus Deutsch wurde Rumänisch, sondern auch die Interpretation. Die “Befreiung” hat sich in einen "Volksaufstand" verwandelt. Dieser war nicht nur groß und das gesamte Volk erfassend, sondern auch antiimperialistisch nicht bloß antifaschistisch. Der Sowjetarmee verdankten wir nur noch die “günstigen Umstände", die zum Sieg führten. Schließlich verwandelte sich der Aufstand in einen “bewaffneten Bürgerkrieg”, natürlich antifaschistischer und antiimperialistischer Art, und die Sowjetarmee wurde kaum noch erwähnt.
Uns war das gleichgültig, wir verfolgten die Hitparade, lasen Western und Jerry Cotton Romane, die damals diskret ins Land gebracht wurden und träumten natürlich vom guten Leben jenseits des eisernen Vorhangs wie es jedem Wanderer gut steht.
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Published by zorindiaconescu
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